Titelseite

Übersicht

Ein Vorwort

Zur Einführung

Über die Arbeiterbewegung

Auf dem Weg zu einer sozialen Schweiz

Zur Entwicklung der SP im Kanton Bern

Aus der Geschichte der SPU

Der Allgemeine Arbeiterverein Unterseen

Erster Arbeiterverein

Reaktivierung zum zweiten Arbeiterverein

Die sozialdemokratische Partei Unterseen

Namensänderung am 1. Mai 1918

Parteiorganisatorisches

Politisches Wirken in der ersten Nachkriegszeit

Streitpunkte, Stellungnahmen, Entwicklungen

Gleichberechtigung der Frauen

Gemeindewahlen

Schlussbemerkungen

Verzeichnisse

SPU - Parteipräsidenten und Parteisekretäre

SPU-Gemeindepräsidenten und Gemeinderäte

SPU-Mitglieder im Bernischen Grossen Rat

Benutzte Quellen und Publikationen

Zur Entwicklung der SP im Kanton Bern

Nach einem fehlgeschlagen Versuch im Jahre 1875, die bernische Arbeiterschaft politisch zu organisieren, gelang 1890 die Gründung des Kantonalverbandes bernischer Grütli- und Arbeitervereine als Vorläufer der SP-Kantonalpartei. Als Verbindung zwischen der Partei und den Gewerkschaften entstand daneben die Arbeiterunion Bern, die 26 Gewerkschaften, die Sozialdemokraten, den Grütliverein und die im Bernbiet entstandenen deutschen Arbeitervereine umfasste. Im gleichen Jahr 1890 fand in Bern die erste Maifeier statt, wie dies ein Jahr zuvor am Internationalen Arbeiterkongress in Paris beschlossen worden war. Und im gleichen Jahr nahmen in Bern die Konsumgenossenschaften ihren Anfang.

Im Jahr 1893 ereignete sich in Bern der sogenannte Käfigturmkrawall, der landesweit grosses Aufsehen erregte. Auf dem Stadtgebiet waren etwa 300 Bauarbeiter arbeitslos. Als die Unternehmer dann noch billigere ausländische Arbeiter einstellten, rief ein nicht gewerkschaftlich organisierter Bauhandlanger zu einer Protestversammlung auf. Nach deren Ende stiessen etwa 60 empörte arbeitslose Maurer und Handlanger auf stadtnahen Bauplätzen mit italienischen Bauarbeitern zusammen, was die bereitstehende Polizei zum Einschreiten veranlasste. Die Krawallmacher wurden verhaftet und im Käfigturm eingesperrt. Danach kam es vor dem Käfigturm zu Demonstrationen für deren Frei-lassung, was wiederum zu Zusammenstössen mit der Polizei und der Feuerwehr führte. Sogar Truppen wurden aufgeboten. Bern lebte während eines Monats wie in einem Belagerungszustand. Bilanz: 74 Verhaftete, 100 Verwundete. Im folgenden Prozess sollte mit den Sozialisten abgerechnet werden, doch konnte der Arbeiterunion keine Verbindung mit den Krawallern nachgewiesen werden. Das Geschworenengericht fällte gegen die Beteiligten harte Strafen von gesamthaft 30 Jahren Freiheitsentzug. Obwohl die Urteile nach einem Kassationseinspruch noch etwas gemildert wurden, konnte der Obmann des Geschworenengerichts sich damit nicht zurecht finden und spendete als Privatmann Geld für die Familien der Verurteilten, und angesehene Freisinnige wie der spätere Stadtpräsident Gustav Müller, der Generalprokurator Zraggen und der Staatsschreiber Kistler traten aus Protest der Sozialdemokratischen Partei bei. Die Gewerkschaften führten schliesslich eine Sammlung für die Inhaftierten und zur Deckung der Prozesskosten durch.

1893 wurde in Bern als Arbeiterzeitung die „Tagwacht" gegründet, 1894 im Wahlkreis Bern-Land bereits der erste Grossrat und 1895 der erste sozialdemokratische Vertreter in den Gemeinderat der Stadt gewählt. 1905 kam es zur Gründung der kantonal-bernischen SP, ihr erster Sekretär war Eugen Münch. Und im Jahr 1907 wurde in Biel der erste sozialdemokratische Stadtpräsident gewählt. Dann ging es noch über dreissig Jahre, bis 1938 mit Robert Grimm der erste Vertreter der SP in die Berner Regierung eintreten konnte.